Industrie, Landwirtschaft und Haushalte beeinflussen die Wasserqualität unserer Flüsse, im Guten wie im Negativen. Prof. Dr. Charli Kruse und Dr. Johannes Bialon der Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechnologie und Zelltechnik (EMB) zeigen, wie wir unsere Fließgewässer vor Schadstoffen schützen können. Im Kurzinterview stellen sie ihre Arbeit im Rahmen des Bürgerforschungsschiffs Make Science Halle vor.
Wusstest du schon…
- …, dass schadstofffreie Flüsse und Auen zu den artenreichsten Ökosysteme in Mitteleuropa gehören könnten?
- …, dass in den letzten 30 Jahren der Stickstoffeintrag um 50 % und der Phosphoreintrag um 70 % minimiert wurde, unter anderem dank moderner Kläranlagen?
- …, dass sich durch Naturschutzflächen und der Nutzung von recyclebaren Kunststoffen der Anteil an Schadstoffen und Mikroplastik in den Flüssen weiter verringern lässt?
Warum ist die Wasserqualität von Flüssen so wichtig?
Prof. Dr. Charli Kruse: Flüsse wirken wie Lebensadern für unsere Umwelt. Sie transportieren Nährstoffe von den Quellen im Inland vorbei an Wiesen, Auen und Wäldern bis in die Ozeane und bilden damit einen wichtigen Lebensraum für unzählige Tiere und Pflanzen. Daher ist es wichtig, diese Adern gesund und frei von schädlichen Nitraten und Plastikmüll zu halten.
Dr. Johannes Bialon: Unser Trinkwasser beziehen wir zu knapp 70 Prozent aus Grund- und Quellwasser. Flüsse bilden hierfür einen wichtigen Teil dieses Kreislaufs, da sich die Bakterien und Einzeller in ihnen um die Reinigung des Wassers kümmern. Eine hohe Biodiversität in Flüssen trägt somit auch zu sauberem Trinkwasser bei.
Was kann man an Bord über den Schutz der Flüsse erfahren?
Prof. Dr. Charli Kruse: Mit dem Bürgerforschungsschiff entnehmen wir entlang der Saale Wasserproben und untersuchen die Wassergüte vor Ort in Mikroplastiklaboren. Unter dem Mikroskop entdecken wir die lebendige Mikro-Welt der Saale und sehen den Einfluss unseres Lebensstils auf das Gewässer.
Dr. Johannes Bialon: Zudem diskutieren wir den umweltfreundlichen Umgang mit Fließgewässern und besprechen alternative Plastikkreisläufe, etwa mit recyclebaren Kunststoffen. Darüber hinaus informieren Wissenschaftler*innen über die aktuelle Forschung zu den Bereichen der Blauen Bioökonomie und Biokunststoffen.
Womit beschäftigen Sie sich in der Marinen Biotechnologie und Zelltechnik?
Prof. Dr. Charli Kruse: An der Fraunhofer EMB forschen wir an Zellkulturen von verschiedenen Tierarten, um die Biodiversität langfristig zu sichern. Zudem arbeiten wir an ressourcenschonenden Zucht- und Produktionsmethoden aquatischer Organismen, wie Fischen und Algen, um die Ernährungslage weltweit zu verbessern und Biotope zu schützen.
Dr. Johannes Bialon: Durch unsere großtechnischen Aquakulturanlagen können wir Kreisläufe untersuchen, die Fische und Algen ökologisch ernähren und zur Wasserreinigung beitragen. Ziel ist es, die Wertschöpfungskette von Unternehmen zu verbessern und nachhaltiger zu gestalten. Dazu bauen wir an der Fraunhofer EMB ein Technologienetzwerk zum Thema Aquakultur auf, in dem unterschiedliche Fraunhofer-Institute kooperieren.
Warum sind Sie mit an Bord beim Projekt „Make Science Halle“?
Prof. Dr. Charli Kruse: Der Schutz unserer Umwelt muss für uns alle ein persönliches Anliegen sein. Wir müssen verstehen, dass auch wir Menschen Teil dieses Ökosystems sind. Das ist aber nur möglich, wenn wir breit zu dieser Thematik informieren und bei möglichst vielen Menschen das Verständnis für den notwendigen Schutz unserer Gewässer wecken.
Dr. Johannes Bialon: Uns ist wichtig, das Themenfeld Blaue Bioökonomie und die Möglichkeiten, die sie uns eröffnet, dem breiten Publikum näherzubringen.
Was begeistert Sie als Forscher an der Blauen Bioökonomie?
Prof. Dr. Charli Kruse: Das Leben auf diesem Planeten hat im Wasser begonnen. Ich finde es faszinierend, wie sich die Lebewesen während ihrer Entwicklung auf die unterschiedlichste Art und Weise an das Leben im Wasser immer wieder neu angepasst haben. Für mich ist es wichtig, dass wir einerseits diesen wunderschönen Lebensraum erhalten und gleichzeitig Technologien aufbauen, die uns eine Weiterentwicklung im Einklang mit der Natur erlauben. Das ist nur über nachhaltige Industrieprozesse möglich, die Kreislaufwirtschaften ermöglichen.
Dr. Johannes Bialon: Gewässer müssen geschützt werden, da sie unverzichtbare Quelle für das Leben und die Gesellschaft sind. Durch die Blaue Bioökonomie können Gewässer nachhaltig bewirtschaftet werden und sowohl die Umwelt entlasten als auch der Gesellschaft dienen.
Welche globalen Veränderungen kann eine größere Aufmerksamkeit bei der Fließwassergüte bewirken?
Prof. Dr. Charli Kruse: Wenn wir es positiv sehen, dann kann z.B. eine international angelegte Kampagne, die das Bewusstsein für den Schutz unserer Flüsse zum Inhalt hat, etwas bewirken. Dabei helfen aber nicht unbedingt Verbote, sondern eine saubere Umwelt muss uns ein inneres Bedürfnis sein. Umweltschutz beginnt eben nun einmal im Kopf.
Dr. Johannes Bialon: Saubererer Lebensraum für Tiere und Pflanzen; weniger Müll und größere Biodiversität in Flüssen, Seen und Meeren. Unterm Strich profitieren alle Lebewesen auf der Erde von einer besseren Wasserqualität.